Treffen mit einem tschechischen Pfadfinder am Rande einer Geschäftsreise

Aus geschäftlichen Gründen reiste ich von 15. bis 17. März zum zweiten Mal in die Tschechische Republik, genauergesagt an die ca. 200 km nördlich von Brünn an der polnischen Grenze gelegene Stadt Opava (früher Troppau).
Bereits bei frühren Begegnungen mit unserem Übersetzer Jindra Mosler stellte sich heraus, dass er in seiner Jugendzeit Pfadfinder war und noch gute Kontakte zu seinem ehemaligen Stammesführer hat. Ich äußerte daher den Wunsch, bei einer Gelegenheit diesen kennen zulernen.
Bereits am ersten Abend wurde dieser Wunsch wahr, obwohl wir, ein Kollege aus Pforzheim begleitete mich auf dieser Reise, sehr müde ankamen.
Jindra holte kurzentschlossen seinen Freund und ehemaligen Stammesführer Boris, der inzwischen in den Siebzigern ist ab und wir aßen gemeinsam im Hotel zu Abend.
Am Anfang tauschten wir gegenseitig Geschenke aus. Ich erhielt zweierlei Abzeichen bzw. Anstecknadeln und einen Wimpel; von mir bekam Boris ein Pfadfinderhalstuch, unsere Bundeslilie und einen Stammeswimpel geschenkt. Zum Glück sprach er sehr gut deutsch, so dass wir keinerlei Verständigungsschwierigkeiten hatten.
Den ganzen Abend über erzählte er von alten Zeiten, insbesondere von der Blütezeit der Pfadfinder während des Prager Frühlings Ende der 60er Jahre. Als die Verbündeten des Warschauer Paktes in der damaligen Tschecheslowaskei einwanderten, war die Gruppe aus Opava gerade mit Boris und Jindra auf einem Sommerlager. Über Radio, das sie entgegen den Konventionen während der Nachtwache hörten, erfuhren sie davon. Daraufhin machten sie sich am nächsten Tag sofort auf den Heimweg.

Dass wir Pfadfinder über alle Grenzen hinweg eine gemeinsame Basis haben, wurde rasch deutlich. Schon während dem Gespräch erlebte ich, dass ein Pfadfinder „Freund aller Pfadfinder auf der ganzen Welt“ ist.

Als wir am nächsten Abend, nach getaner Arbeit, wieder zum Essen gingen, dieses Mal ohne Boris, brachte unser Übersetzer einen Briefumschlag von ihm mit. Darin befand sich unter anderem der internationale Flaggencode. Aber zu meiner völligen Verblüffung hatte Boris einige seiner Abzeichen mitgeschickt und, wie mir glaubhaft versichert wurde, direkt von seiner Tracht geschnitten.
Darunter war ein Führerabzeichen und ein Probenabzeichen „die drei Federn“, welches er mir besonders angetan hat.
In dieser dreiteiligen Prüfung geht es darum, einen ganzen Tag ohne Nahrung zuzubringen, einen weiteren Tag komplett zu schweigen und einen dritten Tag komplett ohne jegliche soziale Kontakte, zu verbringen. Die ersten beiden Probenteile verbringt der Pfadfinder in der Sippe während das alltägliche Lagerleben stattfindet. Die anderen Sipplinge versuchen ihn währenddessen zum Reden oder zum Essen zu bringen.
Für den dritten Teil zieht er sich in die Einsamkeit zurück und verbringt 24 Stunden dort alleine. Als nicht bestanden gilt diese Prüfung auch dann, wenn eine unbeteiligte dritte Person ihn entdeckt. Er muss sich also absolut im Verborgenen halten.
Durch diese wertvollen Geschenke war ich wirklich zu Tränen gerührt. Für mich wurde deutlich, dass es die Verbundenheit unter Pfadfindern wirklich gibt.

Uli

Bericht über das Treffen mit einem tschechischen Pfadfinder als Worddatei