Im Jahr 1909 entstanden in Deutschland erste Pfadfindergruppen. Lions »Das Pfadfinderbuch« war der Versuch, das Werk Baden-Powells auf deutsche Verhältnisse zu übertragen. Das führte dazu, dass der den kaiserlich- deutschen Verhältnissen angepasste Scoutismus als Mittel der vormilitärischen Jugenderziehung genutzt wurde. Entsprechend große Unterstützung fand die Idee in Militärkreisen. Die um die Jahrhundertwende aufgekommene bündische Jugendbewegung hatte zunächst keine Berührungspunkte mit den Pfadfindern – die beiden verschiedenen Konzeptionen wurden vor dem ersten Weltkrieg nicht in Verbindung gebracht.

Jurte

1913 fand als Gegenveranstaltung zur 100-Jahr-Feier der Völkerschlacht in Leipzig, die mit viel Pomp und Gloria begangen wurde, der Freideutsche Jugendtag auf dem Hohen Meißner statt. Während die dem Kaiserreich doch recht nahestehenden Pfadfinder hauptsächlich in Leipzig anzutreffen waren, war die bündische Jugend fast nur auf dem hohen Meißner vertreten. Sie traten für die Einheit der deutschen Völker gegen Kleinstaaterei und Lokalpatriotismus und gegen die wilhelminische Vereinnahmung der Jugend ein.

Nach dem Krieg gab es mehr Berührungspunkte zwischen Bündischen und Pfadfindern, es entstanden zwischen den »Urbündischen« und den »Scoutistischen« verschiedene Mischformen, die Elemente aus beiden Konzeptionen in sich vereinigten: Pfadfinderbünde, Jungenschaften, Jungscharen, Horten, Jugendbünde, Wandervögel, Zugvögel, usw. Heute gibt es zahlreiche Gemeinsamkeiten. So entstammen »urpfadfinderische« Elemente wie Kohten, Jurten, Jujas und viele unserer Lieder der bündischen Tradition. Dennoch ist die Unterschiedlichkeit Pfadfinder/Bündische nach wie vor anzutreffen. Der größte Unterschied ist wahrscheinlich das Erziehungskonzept der Pfadfinder, das die Bündischen ablehnen (auch wenn sie z. T. in der Praxis vieles davon übernommen haben). Auf dem Meißnerlager 1988, das aus Anlass des 75jährigen Jubiläums des freideutschen Jugendtages stattfanden, waren auch zahlreiche Pfadfinder vertreten.

(Quelle: Schlaues Buch I – alles für die Bronze-Lilie)